Freitag, 24. Oktober 2014

Private Rückschau: Jobs und Nebenjobs in der DDR und Nachwendezeit

Dieser Tage telefonierte ich mit einem ehemaligen Mitschüler aufgrund des alten Schmalfilms aus den Jahren 1958 und 1959, wo auch etliche Schulszenen mit uns Knirpsen zu sehen waren, obwohl das Wort Knirps schon mit 7 Jahren nicht paßte, wie man in dem Film sehen kann, denn ich war da schon recht groß, der größte (nur längenmäßig!) in der Klasse: siehe: http://youtu.be/cuO59nkKdmA.

Na jedenfalls fragte er mich, was ich denn beruflich gemacht hätte, denn wir hatten rund 50 Jahre keinen Kontakt mehr. Ich wollte ausholen und loslegen und mußte überlegen, ob ich überhaupt alles zusammen bekommen würde, was ihn verwunderte und er meinte: „Nur ganz kurz, was Du gearbeitest hast!“ Da mußte ich schmunzeln, denn er hätte mich eigentlich schon als Schüler kennen müssen, wo ich schon damals keine graue Maus war, die sich nur für eine einzige Sache interessierte und dann später ein Fachidiot werden würde, gar das ganze Leben einen einzigen Beruf ausübend und womöglich noch jahrzehntelang auf der gleichen Arbeitsstelle bei der gleichen Firma? Öde und nicht abwechslungsreich, das war mein Leben lang nicht mein Ding, es drängte mich immer alles auszuprobieren, zu neuen Ufern zu gelangen, neue Herausforderungen zu meistern und die höchstmöglich perfekt, darin besser zu sein als „Altgediente“.

Beruflich also: Industriekaufmann gelernt, das aber äußerst uninteressant findend und nach der Lehre ganze 14 Tage in dem Ausbildungsbetrieb, dem VEB Waggonbau Dessau gearbeitet, also ein „sozialistischer“ Großbetrieb, wo man in der Mittagspause nicht mal eine Zeitung der LDPD lesen durfte, wo es nur so von SED und Planerfüllung und Brigaden-Kollektivismus roch, daß einem übel wurde, das war nichts für mich. Mitarbeiter für Rationalisierung im Handel, das war schon besser, da konnte man zu den Verkaufsstellen fahren, dort etwas verbessern, also rationalisieren, war aber dennoch ganz schön an feste Arbeitszeiten gebunden, die man in einem Büro mit „Kollektiv“ absitzen mußte. Also auf Dauer auch keine Freiheit! Daher nebenher ein Fernstudium an einem Literatur-Institut und schon während dieser Zeit freiberuflicher Bildreporter bei der Liberaldemokratischen Zeitung, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2008/01/altes-bn-als-reporter-bei-der-ldz-teil.html, http://barrynoa.blogspot.de/2008/01/altes-bn-als-reporter-bei-der-ldz-teil_21.html und viele andere Blogbeiträge, das gefiel mir sehr gut, da war ich zwar auch nicht frei, denn wenn ein Auftrag kam, dann mußte das gemacht werden, auf Biegen und Brechen, und das jeden Tag, raus fahren zum fotografieren, in die Dunkelkammer, den Film entwickeln, die Fotos machen, trocknen und den Artikel schreiben und dies für wenig Geld. Habe ich sehr gern gemacht, aber man wollte ja auch gut finanziell leben und das konnte man von dem Geld leider nicht auf Dauer, also einen Job in der Kultur gesucht, vom Mitarbeiter eines Kulturhauses zum Klubhausleiter in mehreren Klubhäusern, siehe u.a.: http://barrynoa.blogspot.de/2014/10/ddr-nostalgie-kulturhauser-und.html bis zum Filmtheaterleiter siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2009/10/bn-als-filmtheaterleiter-1978.html und simpler Mitarbeiter in dem von mir schon als Jugendlichem geliebten „Klub der Intelligenz“ in Dessau, alles Arbeitsstellen ohne feste Arbeitszeiten, dafür aber viel Abend-und-Feiertagsdienste, was mir aber besser gefiel, als täglich früh in ein Büro gehen zu müssen und dort bis 17 Uhr mich von irgendwelchen Chefs  kommandieren zu lassen.

Am freiesten war ich als Privatsekretär der Kunsthistorikerin Charlotte Timmling, wunderbar, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2008/02/charlotte-timmling-und-bn.html! Dort lernte ich tief in die Kunstwissenschaft herein zu schauen, was ich nach dem Ableben der Frau Timmling dann in einem privaten Antikhandel, wo ich als Mitarbeiter für den Verkauf arbeitete gebrauchen konnte. Nach einem kurzem Intermezzo denn doch noch mal in einem sozialistischen Betrieb als Leiter der Allgemeinen Verwaltung arbeitend, was zwar gut bezahlt wurde, aber dennoch nicht mein Ding war, da übernahm ich als Freiberufler eine, später noch eine zweite, Ausleihstelle der Stadtbücherei. Viel Freiheit, wenig Geld!

Aufgrund des Ärgers mit den staatlichen Stellen der DDR wegen meiner Westkontakte (Weltloge Tanatra), war ganz Pumpe mit dem Arbeitsleben, aber zum Glück kriselte es im Staat DDR und diese Arbeitslosigkeit dauerte nicht Jahrzehnte. Mit Rainer Schmidt gründete ich in Dessau den Demokratischen Aufbruch und engagierte mich da. Ja und dann, nach der Wende, außer einem Jahr mal als Mitarbeiter bei der Bahnhofsmission arbeitend, bis in die Jetztzeit nur freiberuflich oder selbständig arbeitend: Videothek, Spielothek, Verkaufsgalerie aufgemacht als Einzelunternehmer, Antikhandel in Dessau und später in Roßlau betrieben, einen Kleinverlag aufgemacht, für die Weltloge Tanatra das Archiv verwaltet, als Briefmarkengutachter (Wituland) gearbeitet, als Cartoonist im eigenen „Atelier für aktive Kunst im K.i.e.z.“, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2008/03/bn-und-sein-atelier-im-kiez.html gearbeitet und als Autor einige Publikationen auf den Markt gebracht, und einiges anderes, dies all die Jahrzehnte, genauer seit dem 14. Lebensjahr, arg mit keinen leichten Krankheiten geplagt.

Trotzdem, Langeweile und Stillstand nur auf einem Gebiet gab es nicht, das hätte mir nicht gefallen. Der damalige Mitschüler, nun ja, jetzt auch schon ein alter Mann wie ich, dem verschlug es die Sprache, ob dieser vielen Berufe, wo er meinte, daß ich doch mal in einem Satz ihm berichten könne, was ich beruflich gemacht habe.

Zu DDR-Zeiten gab es dann aber auch noch, daß man, wenn man etwas mehr Geld in der Tasche haben wollte, neben dem Hauptjob immer noch einen Nebenjob in der Freizeit ausüben mußte, um sich Wünsche finanzieller Art erfüllen zu können. Da machte ich allerdings nur zwei Sachen, einmal Musiker, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2009/09/bn-und-seine-rockband-die-yoyos.html und Schallplattenunterhalter. Man konnte als Diskjockey oder als Musiker nicht einfach loslegen, sondern man mußte eine Prüfung und Einstufung ablegen und als Diskjockey auch einen Lehrgang besuchen. Aber solche Lehrgänge machten mir Spaß, wie auch mal kurzzeitig ein Theologie-Studium, welches ich aber abbrach.

 
Ich habe ein paar Seiten des Kulturangebotes der Stadt Dessau aus dem Jahre 1978 eingescannt, wo die damals zugelassenen Diskjockeys (mit meiner Wenigkeit) aufgeführt sind und dann die damaligen Musikkapellen, wo allerdings meine Band die „Yo-Yo‘s“ nicht mehr dabei ist, da sie sich schon lange vorher aufgelöst hatte.
 
 
Viel Verständnis habe ich für Menschen nicht aufgebracht, die jahrzehntelang auf einem einzigen Posten und am Feierabend auf dem Sofa saßen und die Beine hochlegten, die keinen Nebenjob ausübten oder ausüben mußten. Aber letztere waren ja meistens Menschen die sich der SED angedient hatten, die opportunistisch sich anpaßten, ihrer persönlichen Vorteile willen und die deshalb die Karriereleiter hochstiegen, mit gutem Gehalt mit Jahresendprämie (welche ich in meinem ganzen Berufsleben nie hatte) und damit jetzt einer guten Rente, da nach der Wende sich schnellstens dem neuen System andienten und durch ihre Vernetzung in alten DDR-Seilschaften nahtlos in den gut dotierten öffentlichen Dienst der Bundesrepublik überwechseln konnten. Solche Leute, die brauchten sich natürlich nicht anstrengen, wie Menschen die nicht in der SED waren, die mehr Leistung bringen mußten als die Genossen, um überhaupt in der DDR bestehen zu können. Und solche Genossen, die waren auch nicht gezwungen noch Nebenjobs anzunehmen, sowohl damals nicht und schon gar nicht heute, wo sie wieder an den Futtertrögen sitzen, sei es als Rentner mit hoher Rente oder als gutbezahlte Angestellte im öffentlichen Dienst, diesmal nicht als Cliquen an der Macht des sozialfaschistischen SED-Staates, sondern als Büttel des bürokratischen Kapitalismus, wie er eben jetzt bei uns herrscht.





 

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