Montag, 12. Mai 2014

Alt-Dessau im Jahre 2014, Teil 4






Traurig sieht es aus, das frühere „Zentral-Theater“ in der Dessauer Ferdinand-von-Schill-Straße, siehe mein erstes Foto, gestern gemacht. Man kann es kaum glauben, daß es noch bis Anfang der 1990er Jahre ein tolles Gebäude war, wo Filme gezeigt wurden, allerdings die der 2. Wahl, denn das erste Kino am Platze waren zu DDR-Zeiten die „Fortschritt-Lichtspiele“ als Premieren-Kino. Trotzdem war das „Zentral“ interessant, durch die Kino-Bar, wo man elegant sitzen konnte und den Film hinter einen großen Glasscheibe sehen konnte, hinter den Reihen der übrigen Kinobesucher. Einige Zeit nach der Wende hielt sich das „Zentral“ noch durch eine Videothek in der Kino-Bar über Wasser und wurde dann leider geschlossen, trotzdem es noch intakt war. Die Folge waren langsamer Verfall bis heute und Vandalismus und dies Mitten in der Stadt im Jahre 2014. Fremde meinen, dies wären noch Schäden von 1945, aber dem ist nicht so, es sind die Schäden seit 1990.

Links neben dem ehemaligen „Zentral-Theater“ (2. Foto) steht ein interessantes Haus, welches die Bombenangriffe 1945 gut überstanden hat, jetzt aber auch langsam verfällt. Es ist das Vorderhaus der ehemaligen Eisengießerei und Metallwarenfabrik Gebrüder Specht. Im Vorderhaus wohnten zu DDR-Zeiten die Spechts (diese im ersten Stock) und die Wohnungen unten waren vermietet. Auf dem Hof befanden sich die Werkstätten und Lager der Fabrik, die bis 1972 in Betrieb war. Danach wurde die Fabrik geschlossen und die Spechts vermieteten die Werkstätten und die Lagerräume an die Konsumgenossenschaft Dessau, die dort ihre Büros für Rationalisierung, die Bauabteilung und diverse Lager einrichtete. Die Spechts, die ich ganz gut kannte, wohnten weiterhin in ihrem Haus und waren in den 1970er Jahren als Rentner wie aus der alten bürgerlichen Zeit, mit ihrem alten Auto, den alten Automobilplaketten aus den 20er und 30er Jahren an ihrer Garage und ihrer Grafiksammlung. In der warmen Jahreszeit saßen sie zum Tee oder Kaffee auf ihrer Loggia, die beiden Brüder natürlich im Anzug. Joachim Specht, der bekannte Dessauer Autor und Australienreisende hatte früher dort gearbeitet, kein Wunder, denn er war der Sohn von einem der beiden Specht-Brüder. Unter den Spechts wohnte die alte Frau Wricke, eine begeisterte Leserin der „LDZ“, der Zeitung für die ich damals schrieb, und wenn sie mich sah, dann beglückwünschte sie mich immer zu meinen neuesten Artikeln oder Fotos.

Viel hat das Haus jetzt von seinem damaligen großbürgerlichen Glanz verloren, es sieht recht traurig aus, nur das massive Eingangstor (3. Foto) kündet noch von vergangener Pracht und ein paar Stuckreliefs die Persönlichkeiten der Dessauer Geschichte zeigen, wie den „Alten Dessauer“ (4. Foto). Wie es jetzt rückseitig aussieht, dies kann ich nicht sagen, denn das Haus ist seit langem verrammelt. Deshalb nur ein altes Foto aus meinem kleinen privaten Archiv von der Rückseite mit der Loggia der Spechts. Ich muß es so um 1975 herum geschossen haben, das genaue Jahr weiß ich leider nicht mehr.

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