Montag, 21. September 2009

Wörlitz im Sommer 2009 - Teil 9














Setzt man von Coswig mit der Fähre über die Elbe, dann fährt man durch eine wundervolle Auenlandschaft die langsam in weite Wiesen mündet. Diese Weite, die sich dem Besucher des Wörlitzer Parkes auf dem Wall in Richtung Elbe bietet, die ist für die Ästhetik der Parklandschaft für mich von entscheidender Bedeutung. Es ist eigenartig, wenn ich an der auf diesen Wiesen weidenden Herde von edlen weißen Rindern vorbeikomme – die auch noch intelligent zu sein scheinen, denn sie kommen sehr neugierig auf einen zu – so denke ich unwillkürlich an Jean Pauls Buch „Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch“, denn auch da ist von weißen Rindern, einem Hirtenknaben der Ziegenmilch trinkt und eben Wörlitz die Rede.
Nun die Hirtenknaben in natura gibt es in Wörlitz nicht, aber fast in allen Ecken des Parkes - außer in denen die von der Neugotik geprägt sind - da sind die arkadischen Szenen allgegenwärtig, seien es Steinfiguren, Bauten oder tatsächlich Weidetiere, wie z.B. die Schafe in Neumarks Garten. Wer die Zeilen aus besagtem Buch von Jean Paul nicht kennt, hier der entsprechende Auszug:

„Jetzt gähnet ein Wolken-Rachen vor der Sonne; noch seh' ich einen Sennenhirten mit dem Alphorn, dessen Töne nicht herüberreichen, am purpurnen Abhang unter weißen Rindern, und ein Hirtenknabe trinkt an seiner Ziege den Abendtrank. – Wie lebt ihr still im Sturme des Seins!…
In Wörlitz war mein letzter Tag, das ahnete ich ja – Himmel!“

Heute ein paar Fotos von dem Vorland des Wörlitzer Parkes mit den weißen Rindern und Blicke vom Elbwall in dieses Vorland, sowie auf die Parkseite mit den Sichtachsen zum Schloß und zum Tempel der Flora hin, außerdem noch ein paar Aufnahmen vom „Monument“ mit dem aus Ägypten herangebrachten Obelisken. Im Innenraum des „Monuments“ befindet sich die steinerne Ahnengalerie der anhaltischen Herrscher, siehe Foto!

Der originale antike Obelisk wurde mühselig nach einer Schiffsreise von Ägypten nach Süditalien von eben diesem Süditalien per Ochsenkarren nach Wörlitz geschafft und dies über die damals verkehrstechnisch schwierigen Alpen. Ja, vielleicht waren es auch solche weißen Rinder die den schweren Karren mit dem Obelisken ziehen mußten wie die, die jetzt am Fuße des Monuments friedlich weiden und eine arkadische Idylle vermitteln, nur mit dem Unterschiede, daß sie sich schwerstens abmühen mußten, angetrieben von den großen Peitschen der Kutscher, ähnlich ausgebeutet wurden wie all die Bauarbeiter die große Kirchen und Schlösser für die herrschende Oberschicht erbauen mußten. Diese Schattenseiten sollte man trotz aller Begeisterung für die Erhabenheit derartiger Architektur nicht unerwähnt lassen und auch das, daß in der Klassengesellschaft das einfache Volk letztendlich eben kaum von all dem Schönen partizipierte, wenngleich gerade der anhaltische Fürst Franz eine löbliche Ausnahme unter seinen Standesgenossen darstellte, da er interessiert war, daß auch der einfache Untertan durch kostenloses Betreten der Parkanlagen sich erfreuen konnte an all dem Schönen was geschaffen wurde.

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