Donnerstag, 18. Juni 2009

Klartext! (300. Kolumne des B.N.-Blogs)

Dieser Tage sprach mich eine Leserin meines Blogs an und fragte mich, was ich denn eigentlich mit meinem Predigttext „Atheismus und Christentum, Ost und West und der barmherzige Samariter“ ausdrücken wollte (http://barrynoa.blogspot.com/2008/12/wie-bekannt-bin-ich-der-weltloge.html) . Der Sinn des Textes hatte sich ihr nicht erschlossen. Nun, eigentlich ein Armutszeugnis meinerseits und ein Anzeichen dafür klarer und eindeutiger zu schreiben und klarer und eindeutiger Partei zu ergreifen. Texte die nicht eindeutig sind, sind keine guten Texte, dies muß ich selbstkritisch zugeben. Eigentlich verabscheue ich diplomatisches Wischiwaschi und ich hatte angenommen, daß der Sinn meines Textes eindeutig wäre, allerdings wie in einem Gleichnis.

Nun dann noch einmal Klartext! Es ging mir nicht darum einen geistig ein wenig zurück gebliebenen Menschen aus dem Westen zu diskriminieren, dies absolut nicht! Ganz im Gegenteil, für diesen Wessi hätte auch gern ein Mensch aus dem westlichen Bildungsbürgertum stehen können, bei denen wäre die von mir bemängelte unchristliche Kälte wahrscheinlich noch frappierender gewesen und dies obwohl ja gerade das Bürgertum im Westen prozentual gesehen viel mehr in christlichen Kirchen engagiert ist als etwa die sogenannte Unterschicht. Daß dieses nominelle Christlichsein eben nicht dazu führt, daß wir eine christlichere Gesellschaft haben, dies beweist die Realität in überwiegend christlichen Gegenden mit all der bekannten unchristlichen Kälte wie Obdachlosigkeit, Massenarmut bei gleichzeitigem skandalösem Luxus der Bourgeoisie. Man denke da nur an die Perversion vor dem Kölner Dom; da gehen ernsthaft „Gläubige“ zur Messe, vorbei an bettelnden Obdachlosen, geben zwar eventuell ein Almosen, aber wählen bewußt politisch die Parteien die solche Massenarmut und Obdachlosigkeit zulassen, ja finden diese sogar christlich auch wenn z.B. Wohnraum als Ware gehandelt wird, Ware für die nur der Profit zählt und akzeptieren sogar, daß massenhaft Wohnraum zu Spekulationszwecken nicht genutzt wird, während in bitterkalter Nacht Deutsche auf dem kalten Asphalt in den Innenstädten schlafen müssen. Wer all diese gesellschaftliche Brutalität dem Nächsten gegenüber mit seinem christlichen Gewissen vereinbaren kann, der kann für mich kein Christ sein! Da ist mir der Atheist - wie in meinem Predigttext - der wirklichere Christ! Das Kümmern um den Alkoholkranken in meinem Text steht also auch als Gleichnis dafür, daß eben nicht der nominelle Glaube das entscheidende im Leben ist, sondern das Tun, die christlichen Werke, auch wenn diese nicht aus Glauben heraus entstanden, sondern eventuell nur aus humanistischen oder anderen Beweggründen, auch die sind dann vom Heiligen Geist gekommen. Nominelles Christentum ist kein Christentum und auch ein C vor einem Parteinamen bedeutet nicht, daß diese Partei etwa christlich wäre.

Betrachten wir die USA, ein zutiefst unchristliches Land, welches Kriege anzettelt, andere souveräne Länder überfällt, wo die Schere zwischen Arm und Reich riesig ist, wo Millionen Menschen obdachlos sind, während tausende Milliardäre vor lauter Dummheit nicht mehr wissen was sie mit all ihrem Reichtum anfangen sollen, wo Arme nicht krank werden dürfen, weil sie die Krankenkosten selber tragen müssen und elendiglich verrecken, wenn sie nicht genügend Dollars haben, ja ausgerechnet dieses Land wimmelt nur so von Kirchen und Gemeinden, die auch alle stark frequentiert werden. Der US-Amerikaner ist nicht nur christlich, sondern sogar sehr oft ein extremistischer christlicher Fundamentalist, dies besonders im sogenannten Bibelgürtel in der Mitte der USA. Ja und ausgerechnet in diesem angeblich so christlichen Land existiert diese soziale Brutalität? Da muß doch einleuchten, daß Gesellschaftsmodelle welche zwar wenig mit offiziellem Christentume am Hut haben, aber eben die christlichen Werte der Nächstenliebe versuchen umzusetzen weit mehr vom Heiligen Geiste kommen als jedwede Frömmelei.

Ja und dann habe ich natürlich in dem Predigttext auf die Arroganz des Westens und die Kluft zwischen West und Ost aufmerksam machen wollen, eben um diese überwinden zu helfen. Fast 20 Jahre nach der Wende ist es eine Tatsache, daß die östlichen Bürger unseres Landes immer noch diskriminiert werden und dies besonders auf dem Arbeitsmarkt. Sie sind es doch hauptsächlich die unwürdige unterbezahlte Arbeitsverhältnisse im Westen eingehen müssen, die von Leiharbeitsfirmen wie Sklaven an Unternehmen im Westen „verliehen“ werden, dies meistens bei halb so viel Lohn wie ihre westdeutschen festangestellten Kollegen. Zutiefst unchristliche Hartz-Gesetze machen all diese Ausbeutung staatlicherseits möglich. Nur wenige Christen engagieren sich gegen diese Schandgesetze, wie z.B. Heiner Geissler, Norbert Blüm und Oskar Lafontaine, die Mehrheit schweigt, ja etliche Kirchen stützen sogar diese Schandgesetzgebung indem sie z.B. selbst von der Ausbeutung profitieren, siehe die vielen 1-Euro-Jobs in „sozialen“ Einrichtungen die den großen Kirchen unterstellt sind.


Weil Christus sich eindeutig auf die Seite der Erniedrigten und Beladenen gestellt hat, ist die ganze Gemeinde verpflichtet, alle Formen von Unrecht, Unmenschlichkeit und Bedrohung der Schöpfung nicht als unabänderlich hinzunehmen, sondern dagegen öffentlich Widerstand zu leisten." (Grundsatzerklärung, Evangelische Kirche H.B., 1996)

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